HERWIG LENAU - eine Bilanz

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Vollgas 42 durch München



In München erhielt ich auch theoretischen (Motor, Bremsen etc.) und praktischen Fahrunterricht an den Motorrädern, damals Krad dh. Kraftrad. Na ja. Wir streberten über die Verkehrsregeln. Der Rechtskommende, die bevorzugten Fahrzeuge, Feuerwehr, Polizei, auch Militär, lernten über den Vergaser, über die verschiedenen Motortypen vom Zwei- über Viertakter bis zum Dieselmotor. schwitzten über die Sekundär- oder Primärwicklung, zerbrachen uns den Kopf über die Stellungen der Getriebeachsen mitsamt den Zahnrädern, über die Bremsen, und Lenkung und die Einstellung der Scheinwerfer mit Abblendlicht, und letztes wurde dann auch durch vollständige Verdunklung infolge der Luftangriffe mit schwarzen Papier zugeklebt, und nur ein schmaler Schlitz ca. 1 x 5 cm blieb sichtbar. Auch wurde über die Funktion der Kupplung viel gesagt.

Unser Kfz. Fahrlehrer sagte immer, er war ein Münchner "Ihr müsst mit der Kupplung schbuin (spielen)!" Das wurde bei uns bis zur Fahrprüfung in Wörgl ein geflügeltes Wort. Aber auch, und das war das viel Interessantere, nämlich der praktische Fahrunterricht. Wir hatten alle nur Solomaschinen und der Fahrlehrer fuhr die ersten paar male, hinten auf dem Soziussitz mit und gab Anweisungen.

Ich hatte das Pech oder später auch Glück, dass ich ein Krad mit einer Fußschaltung zugeteilt bekam. Den Gang schaltest du mit dem rechten Vorderfuß. Ganz oben 1. Gang, dann darunter Leerlauf, dann darunter 2. Gang und dann 3.Gang. Das ist wichtig für das Folgende.

Wir, das heißt der Fahrlehrer und ich fuhren also los. Ich hatte also nach Ziehen der Handkupplung auf den 1. Gang hinaufgeschaltet und mit der Kupplung gut eingeschliffen. Das Krad fuhr ohne zu Rucken weg. Ich bekam das erste Lob. Es war aber vorher ausgemacht, eine Kasernenhofrunde nur mit dem 1.Gang zu fahren. Nach dem Lob sagte er " und jetzt auf den 2. Gang". Mir blieb das Herz stecken, darauf war ich nicht gefasst. Also war muss ich tun? Die Kupplung mit der linken Hand ziehen, mit dem rechten Vorderfuß den Fußschalthebel nach unter zweimal drücken. Leerlauf, dann 2. Gang, dann Kupplung mit der linken Hand langsam (schbuin) loslassen. So geschah´s! Aber das Fahrzeug war durch die von mir verzögert (zum 1x in meinem Leben) durchgeführte Handlung langsamer geworden und als ich die Kupplung losließ, ruckte das Krad und wollte absterben. Der Fahrlehrer sagte, "das sei der 3. Gang", ich hatte in der Aufregung den 2. Gang nicht erwischt, "raufschalten" und das machte ich, kam aber beim nächsten Kupplungsloslassen in den Freilauf, der Motor heulte auf. Der Fahrlehrer sagte "runterschalten" und ich tat es und vor Angst wieder im 3. Gang zu sein und schaltete noch einmal hoch, die Kupplung griff, ich angstvoll, dass das Krad nicht abstirbt, gab noch mehr Gas, ich glaube es war sogar Vollgas mit der rechten Hand, und plötzlich hob sich die Maschine vorne auf, wie es die heutigen Motorradrennfahrer machen, wenn sie gesiegt hatten.

Der Fahrlehrer sprang hinten ab und auch ich ließ alles los. Das Krad fuhr einige Meter auf dem Hinterrad weiter und fiel dann um. Denn Anschiss kann man sich vorstellen. "Mit Ihnen fahr ich nicht mehr, den nochmals lasse ich mich nicht vom Krad schmeißen!"

Er tat es auch, aber ich lernte trotzdem das Fahren und war dann später auch sehr flott und geschickt damit. Was war geschehen. Ich hatte bei dem letzten unnötigen Aufwärtsschalten den 1. Gang erwischt und die BMW war ja bekannt, dass sie im 1.Gang alles nahm, was ihr in den Weg kam und bei Überbeanspruchung nicht abstarb. Und so hob sich die Maschine auch durch die wechselnde Neuentlastung von hinten, vorne nach oben und fuhr ohne uns, aufgerichtet wie ein Gardesoldat allein weiter. Bis sie umfiel.

Bei diesen Fahrstunden rund um den Kasernenhof schreckten wir auch unser Heereslehrer, die in den Unterrichtspausen von einem Kompanietrakt zum anderen wechselten und sie die Fahrbahn überqueren mussten. Wenn wir vor uns Heereslehrer sahen, ließen wir durch Kupplung ziehen und Gas geben, den Motor aufheulen und die sprangen dann wie die Hasen von der Fahrbahn, um uns Fahrschülern auszuweichen.

Später als wir schon Ausfahrten in die Stadt machten, täuschten wir während des Fahrens durch Verstellen der Vorzündhebels, da knallt es hie und da, eine Panne vor, stellten die Motor kurz ab und fuhren dann mit 70 h/km dem Pulk nach . Das war auf der Arnulfstrasse und dann nach links über die Donnersbergbrücke zu den aufgeschütteten Luftschutzgräben. Denn oben auf dem Grad, da ging es auf und ab, und da lernten wir das behutsame Bedienen der Maschine.

Im Jahr 1943 hatten wir für das Motorradfahren keine Zeit mehr. Wir wurden nicht einmal zum technischen Teil geprüft. Erst im Jahr 1944 in Wörgl machten wir aus heiterem Himmel den Motorradführerschein. Ohne theoretischer Prüfung. Die seinerzeitige technische Einschulung hätte genügt. Wir mussten auf unseren Gefechts- und Nachkampfübungsplätzen mit den Maschinen fahren.

Und wie der Teufel wieder wollte, bekam ich einen alten Kübel, bei dem der 2. Gang, diesmal eine Handschaltung, immer heraussprang. Ich wollte das nicht melden und womöglich erst wieder nächsten Tag oder nächste Woche dann dran kommen und schaltete auf den 2.Gang und fixierte den Handschalthebel mit einem Holzstück. Ich machte bei der praktischen Fahrprüfung, alles was man mir befahl. Täuschte Schalten nur vor mit Kupplung ziehen und neuem Gasgeben, und fuhr schnell und langsam den berühmten Achter und bestand die Prüfung.

Nur beim Abstellen der Maschine, da es diesmal nicht nach der Größe, sondern nach dem Alphabet ging, musste ich warten, denn inzwischen war der Prüfer auch dorthin gekommen und sah den Holzblock der meinen 2. Gang blockierte. Ich erwartete wieder ein Donnerwetter. Aber fragte nur, " Bei dieser Prüfung haben sie alles mit dieser Gangstellung gemacht? "Jawohl" sagte ich, "denn der 2. Gang springt beim Einfahren immer wieder heraus". Er sagte "Hut ab, gratuliere!" Ein schönes Lob und die Prüfung hatte ich auch schon bestanden. Was wollte ich mehr.

Später fuhr ich nur einige Male von Wörgl nach Rattenberg, um Essen für unsere Holzfäller und Flößer hinzubringen. Sonst hätte ich die Prüfung nie gebraucht. Ich bin auch später nie mit einem Motorrad gefahren, habe auch meinen Motorradführerschein nach Heimkehr aus der Kriegsgefangenschaft nicht umgetauscht.

Wir schworen uns nämlich in unserem jugendlichen Leichtsinn, wenn Fahren nach dem Krieg, nur mit 4 Räder und einem Dach darüber.
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