HERWIG LENAU - eine Bilanz

Seite
Menü
Info
Sie sind hier:   Startseite > AUGENBLICKE > Der Blick 65

Der Blick 65

Es muss im letzten Jahr meines Engagements der Serie „Wiener Polizei bei Tag und Nacht“ gewesen sein. Ich war Wachkommandant des Wachzimmers Kepplergasse.

Die Laxenburger Straße wurde vom Gürtel bis zum Columbusplatz neu asphaltiert. Es war am Wochenende. Um die Straßenarbeiten nicht zu beeinträchtigen, musste der vom Gürtel kommende Kfz-Verkehr auf eine Fahrbahn eingeengt werden. Mit Verkehrszeichen war dies nicht möglich, da die Arbeiten sehr schnell vor sich gingen und immer die Spur geändert werden musste. So standen an der kritischten Stelle beim Platz 5 – 6 Wachbeamte und lenkten die Fahrzeuge in die zu fahrende einzige Spur.

Für die Verkehrsteilnehmer furchtbar, denn da staute es sich und jeder wollte nach hause und musste nun im Stau stehen. Auch die Polizisten hatten ihre liebe Not, denn manche Lenker wollte diese Maßnahme partout nicht einsehen und glaubte dort fahren zu müssen, wo abgesperrt war. Auch ich war dieser Stelle, teils um den polizeilichen Ordnungsdienst (so hieß dieses Aktion ) zu überwachen und selbst auch einzugreifen.

Ich stand nun als letzter dieser schrägen Zufahrt zur einzig möglichen Spur. Da kam auf einmal ein Auto, dessen Lenker wollte über mich drüber und umfahren, um dann im weichen Asphalt hinter mir stecken zu bleiben. Ich verließ nicht meinen Platz sondern sah ihn nur an und zeigte mit der rechten Hand in die zu fahrende Richtung. Er war mit seinem Fahrzeug bis auf ca. 10 cm an mich herangekommen. Ich rührte mich nicht sondern stand dort wie die Freiheitsstatue von Manhattan. Wild gestikulierend und fluchend vermutlich, ich hörte es nicht, denn das Auto war ja geschlossen, reversierte er und bog dann immer noch hinter dem Steuer herumfuchtelnd doch auf die einzige mögliche Spur.

Ich hatte schon mit allen möglichen Mickymäusen ( jetzt nenne ich sie so, denn eine andere Bezeichnung würde eine Ehrenbeleidigungsklage nach sich ziehen) zu tun, aber die war einer der unmöglichsten Sorte. Da ich mit der Polizei nicht verheiratet war, vergaß ich diese Episode auch bald.

Bis ich eines Tages zur Stellungsnahme zu einer Beschwerde in die Abteilungskanzlei bestellt wurde. Diese Mickymaus beschwerte sich, dass ich ihn so angesehen habe, dass er sich beleidigt gefühlt hat. Meine Gegenfrage war: „Habe ich die Nase gerümpft? Nein! Hatte ich den Mund verzogen? Nein! Die Augen gerollt? Die Stirne gekraust? Oder mit der Hand gedeutet? Nein! Nein! Nein! Mit den Armen? Den Beinen? Dem übrigen Körper bewegt? Nein, nein! Also nur geschaut? Ja! Keine äußere Handlung gesetzt? Nein!“

Ich bestritt diesen Vorfall nicht! Was war also das Fazit?

1.) Dienstlich: Kein Delikt, lt. § 11 StG 1852 (Auszug aus dem Gesetzestext): Über Gedanken ........., wenn keine äußere böse Handlung unternommen, ......kann niemand zur Rede gestellt werden. Der klassische Fall eines Strafausschließungsgrundes.

2.) Aber welch schauspielerische Leistung: Ein Blick und die Aussage ward abgesetzt und kam an. Applaus. Da capo. Vor den Vorhang.

Seite
Menü
Info
Seite
Menü
Info
Seite
Menü
Info

Powered by CMSimple | Template by CMSimple | Login