HERWIG LENAU - eine Bilanz

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Die Nacht von Kolomea 47


Zu einem schrecklichsten Erlebnis in der Kriegsgefangenschaft gehört das Erlebnis in Kolomea. Wir waren schon mit der Bahn auf dem Heimweg, obwohl wir nur Nebenstrecken fuhren, verfolgten wir genau den Verlauf unserer Reise uns wir kamen auch eines Nachmittags im südöstlichen Teil der Sowjetunion an und zwar in einer riesengroßen Station Kolomea.

Wir sahen von unserem Wagon aus wie aus Zügen, die von der anderen Richtung kamen, aus den Personen- und Güterwagon Sachen entladen wurden. Es waren Klaviere, Teppiche, alte teure Möbel, Waschmaschinen. Und da schönste war: dabei waren immer russische Offiziere mit Frau und Kinder. Zuerst dachten wir dies gehöre zu den Reparationen, aber dann ging uns ein Licht auf. Russische Offiziere wurden von ihren Auslandseinsätzen in Ungarn, Österreich und Rumänien abkommandiert und fuhren mit ihrer Familie nach Hause und wollten die ihnen vertraut gewordenen Möbelstücke auch mitnehmen. Aber da wurde nichts daraus. In Kolomea wurden sie ihnen beinhart abgenommen. Nitschewo!

Und jetzt zum Vorfall. Bei tags waren unsere Wagons offen, man konnte aussteigen, aber bei der Nacht wurde diese geschlossen. Wahrscheinlich, dass einer die frühere Abfahrt des Zuges verpasst und nicht in Verlust gerät. Ich weiß es nicht. Aber ich glaube, dass hat mit der russischen Befehlskette zu tun. Wenn ein Offizier der Sowjetunion in Klinzy, von dort kamen wir, 328 Plennis in Wr. Neustadt abzuliefern hatte, so waren es auch 328 und wenn der Teufel dazwischen wäre. Und er war dazwischen.

Es wurde Nacht und wir machten uns an das Schlafen. Auf einmal es muss schon sehr spät, ich schätze Mitternacht gewesen sein, als ich durch meinem Luftdurchlassfenster, welches fasst an der Decke des Wagons war, eine lautstarke Diskussion hörte. Ich bekam mit, dass Russische Offiziere stritten, dass in diesem Transport, der nach Österreich geht auch Deutsche Staatsbürger wären. Unser Transportoffizier bestritt es. Er sagte wir seinen durch MWD (Nachfolger von GPU) alle kontrolliert worden und 328 sind nach Wr. Neustadt zu bringen. Der andere Offizier, ein militärischer Zollausübender (bei tags wahrscheinlich bei der Abnahme der Beutegüter und in der Nacht die Überprüfung der Gefangenentransporte aus der U.d.S.S.R. durchführend) las dann Namen vor und der dritte oder vierte, ließ mein Blut in den Adern erstarren. „Gerwig Rikardewitsch Sulzenauer, 4.8.1926 god".

Also, ich war fertig. Ging die blöde „sie sind kein Osterreicher“ wieder weiter und hielt man mich und die anderen, es waren ca. 10, zurück. Aber unser Transportoffizier war noch sturer. Er sagte etwa so, und wenn wir mit Maschinengewehren beschossen würden, ich fahre alle, die in meinem Zug sind, morgen nach Österreich. Es ging noch einige Minuten noch hin und her. Da hörte ich aus den Verabschiedungsgrüßen, dass dieses Problem höchstwahrscheinlich ausgestanden war.

Und das war es Gottseidank auch. Ich habe dann die ganze Nacht kein Auge zugemacht. Ich nenne es die Nacht von Kolomea. In der Anlehnung an die Nacht von Ölmütz, als die Österreichische Kaiserfamilie vor den Aufständischen geflohen und Kaiser Ferdinand abgedankt und Franz Josef zum Kaiser bestimmt wurde. Für die damals dort Beteiligten war das dort, wie bei mir, sicher auch kein Honiglecken.

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