HERWIG LENAU - eine Bilanz

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Kardinal v. Kirchfeld 60

Im Jahre 1960 stand auf dem Spielplan der „Neuen Wiener Bühne“ in der Josefsgasse das Schauspiel von Ludwig Anzengruber „Der Pfarrer von Kirchfeld“.

Ich bestürmte den Direktor FRANZ ROSAK, dass ich die Titelrolle darin spielen will. Obwohl ich figürlich und ausstrahlungsmäßig sicher nicht der Geeignetste dafür war, hatte er doch keinen anderen Schauspieler, der darstellerisch diese Rolle eventuell spielen könnte. War ich doch dort zu dieser Zeit, wenn nicht der, doch vielleicht ein Star dieses Ensembles und wurde auch als Charakterheld fachmäßig hie und da eingesetzt. So konnte ich auch mit Recht darauf pochen diese Rolle verkörpern zu wollen. Direktor Rosak wollte nicht recht, bot mir sogar den „Wurzelsepp“ an „Ist doch die bessere Rolle“, aber ich wollte unbedingt den „Pfarrer“.

Warum war ich eigentlich so besessen darauf das zu spielen? Hatte ich doch durch Erzählungen meines Vater erfahren, dass mein Großvater, der LEOPOLD SULZENAUER, als Theaterleiter von zwei Theatervereinen in Amstetten, sicher diese Rolle im Land „unter der Enns“ als erster Schauspielamateur verkörpert und eine familiäre Begebenheit, die Generationsweise weitergegeben werden muss, knüpfte sich daran.

Das war so: Bei seinen Proben ging als glatt, aber bei der Aufführung gab es schon bei der Maske Schwierigkeiten. Mein Großvater hatte einen markanten großen aufgezwirbelten Schnurrbart und da doch ein Pfarrer mit Schnurrbart nicht möglich wäre, wurde versucht diesen anzukleben und zu überschminken. Aber der Kleber, was immer er war, hielt nicht und alle paar Minuten sprang irgend eine Seite des Bartes von der Haut weg und da war guter Rat teuer. Kurz und gut: Der Bart wurde abrasiert und das Stück konnte beginnen. Es soll ein großer Erfolg gewesen sein. Aber als mein Großvater nach Hause kam und die Großmutter sah ihn ohne Bart, da gab es ein ehegattliches Donnerwetter und einige Tage hing der Haussegen schief.

Aber nun zu meinem „Pfarrer“. Proben alle o.k. und es kam die Premiere. Das Publikum applaudierte und das Stück war im Ganzen gut angekommen. Nur meine damalige Frau, die in der Premiere war, von mir darüber befragt (sie war am Burgtheater beschäftigt ), sagte in etwa Folgendes: „ Alles ganz recht und schön. Aber bei der Schlüsselszene, Ende des II. Aktes, als der Wurzelsepp über den Pfarrer triumphiert und sagt: „Sieh`gst Pfarrer, jetzt hab i Dich. Entweder Du lasst die Dirn mit Herzleid ziehen oder Du behaltest sie in Unehren da. Es gibt kein dritten Weg. Kein Dritten!“ Darauf bricht der Pfarrer am Tisch zusammen und schluchzt: “Keine Dritten, keinen Dritten!“ Oder so.


"Das hat man Dir nicht geglaubt, den jeder im Publikum erwartete da von Dir, das Du aufstehst, den Wurzelsepp am Kragen und Hosenboden nimmst und bei der Tür hinausschmeißt. Denn Deiner Ausstrahlung und Darstellung nach, warst Du nicht der "Pfarrer", sondern der "Kardinal vom Kirchfeld!“

So ist es nun mit Traumrollen. Es ist am Besten man lässt andere bestimmen, was zu spielen sei.

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