1945. Schlesien.

1945. An der Front. Man glaubt immer man ist sehr sicher, desto weiter man hinter der Hauptkampflinie ist. Also, ich war die meiste Zeit in der Hauptkampflinie. Zu mindestens dort, wo man sie gut übersehen konnte. Auf der B-Stelle, das heißt Beobachtungsstelle für meine Infanteriegeschütze. Es hat natürlich öfters sehr geknallt. Der Russe war in der Situation eines Stellungskrieges so zwischen 200 m bis 1500 m von mir und somit auch von der Hauptkampflinie entfernt. Da heißt es höllisch aufpassen. Den sie hatten, wie wir, sehr gute Scharfschützen.

Die Infanteriegeschütz Stellung war so zwischen 1 bis 2 km hinter mir. Der Kompanie Gefechtsstand, der ja auch noch den mittleren und den schweren Granatwerfer Zug zu betreuen hatte, wieder ca. 1 km zurück. Das wechselte immer. Es hing ab von der Gegend. Im bergigen Gelände etwas kürzer, im flachen Gelände etwas weiter und wo gibt es eine halbwegs sicherte Möglichkeit zum Aufbau des notwendigen Gerätes, etc, etc. Der Bataillons Gefechtsstand, war schon noch weiter hinten. Aber auch abhängig von der Gesamtlage. Hatte er doch 5 Gefechtskompanien und div. Nachschubaufgaben zu erfüllen. Also, so um 5 km, aber ein bis zwei km + oder -. Da war die Luft nicht so bleihaltig, wie wir im Jägerjargon sagten.

Aber auch das konnte täuschen. Vor allem aber waren die Schreibstubenhengste, wie wir sie nannten, ganz anders in Gefahr. Wenn der Russe irgendwo durchbrach, mussten Truppen dorthin geschickt werden, um die verlorenen Gebiete wieder zurück zu kriegen oder aber zu mindest die Lücke zu schließen. Wo aber hernehmen, wenn wir keinen Ersatz hatten. Also, die Nächstbesten und das waren, da ja das Bataillon die Anlaufstelle für solche Katastrophen war, das Nächstliegende, auf die dort Dienst versehenden Soldaten, zurückzugreifen.

Diese Weichenstellung kam so: Ich war in der Geschützstellung in einem verlassenen Landhaus einquartiert und saß am Balkon, die Sonne schien auch schon warm. Und ich konnte so die Hauptkampflinie, inklusive dem russischen Bereich, in einer Entfernung von ca. 2 km übersehen. Ich nahm mir einen Zeichenblock und zeichnete eine Ansichtsskizze, wie ich sie in der Waffenschule und auch schon früher bei der Grundausbildung der Infanterie gelernt hatte. Ich war darin sehr begabt.

Da kam ein mir unbekannter Oberjäger vorbei, sah mir eine Weile zu und fragte mich dann, ob ich nicht zum Bataillons Gefechtsstand wechseln möchte, denn sie hätten zurzeit keinen Zeichner, der sei bei dem letzten Einbruchs Bereinigungsgefecht gefallen.

„Oh Nachtigall, ick hör dir trapsen.“ Nein danke vielmals sagte ich. Ich wäre als IG- Zugsführer und Richtkreis Unteroffizier sehr zufrieden mit meiner Stellung und sie füllt mich restlos aus und ist sehr verantwortungsvoll. Damit der nicht in die Lage kommt, um mich zwischen holen zu lassen.

Ich erfuhr etwas später, es konnte auch ein Gerücht gewesen sein, dass ein Oberleutnant, ein Oberfeldwebel oder auch Oberjäger, (sie sehen lauter „OBER“, ein solcher würde ich sicher auch dort gleich geworden sein) den Platz des Bataillons Ansichtsskizzen Zeichner einnahm, aber einige Tage nachher zu einem Frontbegradigungs Kommando kommandiert wurde und dabei gefallen sei. Gott sei Dank , ich war nicht dabei gewesen.

Diese Weiche ward von mir richtig gestellt.