Panne in Chemie 42

Ich habe erwähnt, dass wir in der Unteroffiziervorschule auch allgemeinen Unterricht hatten, da wir zum Schluss die Prüfung zur kleinen Abitur ablegen mussten.

So auch in München in der Kriegsschule, so hieß dieser Gebäudekomplex. Überdies sehr historisch schwanger. Wurde doch 1923 als sich hier ein Gericht befand, über die Anführer des Münchner Novemberputsches 1923 bei der Feldherrnhalle geurteilt. Hitler, Ludendorf, ect.

In einem dieser relativ großen Räumen war auch ein Klassenzimmer untergebracht. Unterrichtsgegenstand hieß Naturlehre, darunter verstand man damals Physik und Chemie. Vom Letzteren ist hier die Rede. Der unterrichtende Heeresoberlehrer, ein Schwabe demonstriert die Wirkung der Blausäure. In einem größerem Glasbehälter lagen auf dem Boden einige kleine Brocken von Kupfervitriol und auf einem Gitterrost darüber saß eine lebende Maus. Ein schmaler Schlauch wurde in das Gefäß bis auf den Boden geschoben und das Ganze mit einem Glasdeckel abgedichtet.

Er dozierte: „Sie „sehe“ hier ein lebendiges Mäusle. Wenn ich nun durch dieses „Schläuchle“ Schwefelsäure in das Gefäß „lasse“, verbindet sich diese Schwefelsäure mit dem Kupfervitriol und es entsteht Blausäure. Ein starkes und schnellwirkendes Gift. Das „Mäusle“ wird gar nicht „merke“, dass es vergiftet wurde. Es wird still und ohne „Schmerze einschlafe“. „Seie“ sie bitte Alle ganz „stille“, damit sie dies „mitbekomme“!“. Er drehte an dem Verschluss der Flasche, in dem sich die Schwefelsäure befand. Zuerst passierte nichts. Die ganze Klasse war still und starrte auf das „Mäusle“. Ganz still war es. Plötzlich quietsche die Maus ganz schrill auf, sprang in die Höhe und fiel auf den Gitterrost zurück und blieb regungslos liegen.

Wir waren alle sehr erschrocken, auch unser Heeresoberlehrer, der war auch noch ganz konsterniert. Er kann sich das Alles nicht „vorstelle“, dass “ischt do ganz unmögli“. „Das arme Mäusli!“ U.s.w.

Was war geschehen? Die Maus saß auf dem Gitterrost, aber ihr Schwanz hing durch die Maschen des Rostes bis auf den Boden. Und als die Schwefelsäure hinein floss, kam sie zuerst mit dem Schwanz und erst später mit dem Kupfervitriol in Verbindung. Und dies hat der Maus natürlich sehr geschmerzt.